Braunkehlchen (Saxicola rubetra) - Vogel des Jahres 2023
Bild von Premek Hajek auf Pixabay
Mit seinem leuchtenden Gefieder und seinem rauen Gesang ist das Braunkehlchen ein charmanter Singvogel, der die offenen Wiesen und Brachen Europas belebt. Doch dieser Langstreckenzieher, der im Winter in Afrika lebt, ist in Deutschland stark gefährdet, da sein Lebensraum durch die intensive Landwirtschaft immer seltener wird. Deshalb wurde es zum Vogel des Jahres 2023 gewählt, um auf seine Situation aufmerksam zu machen.
Ein kleiner Vogel mit großer Ausstrahlung
Das Braunkehlchen ist ein kleiner und schlanker Vogel mit einem spitzen Schnabel. Es hat eine orangebraune Kehle und Brust, einen weißen Überaugenstreif und einen weißen Kinnstreif. Der Rücken ist braun mit dunklen Flecken und der Bauch ist weißlich. Wenn es auffliegt, sieht man die weiße Schwanzbasis. Das Männchen hat einen leuchtend weißen Überaugenstreif und einen weißen Kinnstreif, die durch einen schwarzen Bereich getrennt sind. Das Weibchen ist ähnlich gefärbt wie das Männchen, aber etwas blasser und weniger kontrastreich. Der Überaugenstreif ist beige und der Kinnstreif ist schmutzig weiß. Die Jungvögel sind noch unauffälliger gefärbt und haben eine bräunliche Kehle.
Ein Weltenbummler zwischen Europa und Afrika
Von April bis September ist der Langstreckenzieher in fast ganz Europa verbreitet, von Skandinavien bis zum Mittelmeer und von Irland bis zum Ural. Es fehlt nur in Island, auf den Britischen Inseln, in Südspanien und Süditalien sowie in Teilen Osteuropas. Sein Winterquartier hat dieser Brutvogel südlich der Sahara in Afrika , vor allem in der Sahelzone und im Sudan. Es legt dabei mehr als 5000 Kilometer zurück und fliegt meist nachts.
Für seinen Lebensraum braucht das Braunkehlchen offene, frische bis feuchte Flächen mit nicht zu hoher Gehölz- und Heckendichte. Es bevorzugt blütenreiche Wiesen, Brachen, Feldränder oder Moore mit einzelnen Büschen, hohen Stauden oder Zaunpfählen als Sing- und Ansitzwarten. Dort kann es nach Insekten jagen oder sich vor Feinden verstecken. Diese Lebensräume werden jedoch immer seltener, da sie durch die intensive Landwirtschaft zerstört oder umgewandelt werden.
Ein lebhafter Jäger mit rauer Stimme
Lebhaft und neugierig ist das Braunkehlchen, das oft mit dem Schwanz wippt oder knickst wie ein Rotkehlchen. Es sitzt gerne auf hohen Pfählen oder Halmen und startet von dort aus seine Jagdflüge nach Insekten oder Spinnen. Es kann auch Beeren oder Samen fressen, vor allem im Herbst. Wenn es einen Greifvogel sieht, nimmt es eine Pfahlstellung ein und versucht sich unsichtbar zu machen.
Der Ruf des Braunkehlchens ist ein weicher “djü”-Laut, der an den Ruf des Gimpels erinnert. Es folgt jedoch ein kurzes, charakteristisches Schnalzen. Der Ruf dient dazu, Weibchen anzulocken oder das Revier zu markieren. Der Gesang besteht aus variablen und rauen Strophen, die sich in ihrem Verlauf beschleunigen, bevor sie abrupt enden. Der Gesang ist oft schwer zu orten, da das Braunkehlchen ihn aus dem Versteck heraus vorträgt.
Ein Allesfresser mit Vorliebe für Insekten
Hauptsächlich ernährt sich das Braunkehlchen von Insekten, Würmern, Schnecken und Spinnen, die es auf dem Boden oder in der Luft erbeutet. Es frisst vor allem Käfer, Fliegen, Heuschrecken, Raupen oder Ameisen. Im Herbst ergänzt es seine Nahrung mit Früchten und Samen, wie zum Beispiel Holunderbeeren, Hagebutten oder Distelsamen.
Ein treuer Partner mit Nest im Gras
Das Braunkehlchen wird nach einem Jahr geschlechtsreif und brütet von Mai bis August. Das Männchen besetzt ein Revier und versucht, ein Weibchen mit seinem Gesang zu werben. Das Weibchen baut ein Nest in einer Bodenmulde, die es mit Gras, Moos oder Haaren auspolstert. Das Nest wird im hohen Gras oder in einer Hecke versteckt.
Das Weibchen legt vier bis sieben blaugrüne Eier, die es 12 bis 15 Tage lang allein bebrütet. Das Männchen füttert das Weibchen während der Brutzeit. Die Jungvögel schlüpfen nackt und blind und werden von beiden Eltern gefüttert. Sie verlassen das Nest nach 12 bis 13 Tagen, sind aber noch nicht flugfähig. Sie werden noch 3 bis 4 Tage lang von den Eltern betreut, bis sie selbstständig sind. Das Braunkehlchen kann bis zu acht Jahre alt werden.
Ein früher Rückkehrer mit langer Reise
Im Winter lebt das Braunkehlchen südlich der Sahara in Afrika. Es gehört zu den ersten Zugvögeln, die im Frühling nach Europa zurückkehren. Es fliegt meist nachts in großen Schwärmen über die Sahara und nutzt tagsüber Rastplätze zum Fressen oder Ausruhen. Es erreicht Europa im April und bleibt bis September. Im Herbst zieht es wieder nach Afrika zurück und überquert dabei das Mittelmeer oder den Bosporus.
Ein bedrohter Schönling mit Schutzbedarf
Das Braunkehlchen ist in Europa stark gefährdet, da sein Lebensraum durch die intensive Landwirtschaft immer seltener wird. Die Wiesen und Brachen, die es braucht, werden gemäht, gedüngt, entwässert oder bebaut. Dadurch verliert es seine Nahrungsgrundlage und seine Brutplätze.
Auch der Rückgang der Insekten durch Pestizide oder den Klimawandel macht ihm zu schaffen. In Europa wurde die Anzahl der Brutpaare 2015 auf 6,47 bis 10,7 Millionen geschätzt.
In Deutschland wurde der Bestand für die Zeit von 2008 bis 2012 allerdings nur noch mit 29.000 bis 52.000 Brutpaaren angegeben, was einem Rückgang von 36 Prozent entspricht. Deshalb wurde das Braunkehlchen zum Vogel des Jahres 2023 gewählt, um auf seine Situation aufmerksam zu machen und Schutzmaßnahmen zu fördern.